Von Ostia nach Riva di Traiano und in einer Nachtfahrt weiter nach Golfo di Mola (Elba)

Morgens am 07.05.2019 um 09:35 legen wir in Ostia mit dem Ziel Riva di Traiano ab.

 

Am Tag zuvor unternahmen wir einen letzten, langen Spaziergang der Uferpromenade entlang und entdeckten, nachdem wir in Ostia zuvor wenig Schönes angetroffen hatten, eine gemütliche Kaffeebar mit vorzüglichem Süssgebäck, sowie ein Geschäft für 'Biancheria Intima', indem wir sehr zuvorkommend bedient wurden. So hinterlässt Ostia - nebst einigen schwierigen Erfahrungen - auch diese positiven Bilder.

Kaffeebar im touristischen Teil von Ostia.

 

07.05.2019 - Bernhard feiert heute seinen Geburtstag, so dass wir erst nach einem ausgiebigen Frühstück um 09:35, bei Sonnenschein und wenig Wind, in Ostia ablegen.

 

 

Die erste Stunde sind wir unter Motor unterwegs, doch dann frischt der Wind auf und wir können die Segel setzen. Teilweise haben wir - da wir auf Amwindkurs unterwegs sind und ein paarmal Aufkreuzen müssen, wechselnde und starke Schräglage, was dazu führt, dass ab und zu Geschirr in der Küche bedenklich scheppert. Nun ja, das gehört halt mit dazu. Wirklich zu Bruch gegangen ist bisher noch nichts.

 

Wir geniessen die blaue Weite des Meeres, dessen Wellen uns heute freundlich gesonnen sind. Der Wind liegt gut in den Segeln - sie sind straff und die Telltails liegen waagrecht.

Im Hafen Riva di Traiano

In der Riva di Traiano haben viele Römer ihre Yachten liegen. Gut ist er von Rom aus erreichbar und bietet alles an Shops und Werkstätten, was das Seglerherz begehrt, so findet sich hier ein Segelmacher, zwei Polsterer, zwei  Nautic Shops, eine Reparaturwerkstätte für Schiffsmotoren, ein kleines Lebensmittelgeschäft und diverse Kaffeebar-Restaurants. Belebt ist der Hafen jedoch nicht wirklich. Hier beginnt offensichtlich die Saison erst.

 

Auf der Suche nach einem Restaurant, in dem wir Bernhard's Geburtstag gebührend feiern könnten, stossen wir auf 'Il Tritone', das sich grad ein paar Meter von OYA entfernt befindet. Am Abend sind wir dann allerdings die einzigen Gäste - gern hätten wir etwas Gesellschaft gehabt. Nun denn, später stossen vier weitere Gäste dazu und wir bekommen von einer grossen Frau, mit sehr langen Beinen, die in enorm hohen Schuhen enden - so dass es scheint, als ob sie irgendwie schwebend auf Stelzen daherkomme - ein Essen serviert, das Bernhard als 'delizioso' bezeichnet.

 

Der Wetterbericht besagt, dass das Wetter erneut umschlagen soll. Für das Wochenende ist Starkwind mit Sturmböen, bis 43 kn, angesagt. Grund genug, um es in einem geschtützen Hafen zu verbringen. Im Hafen lernen wir ein englische Paar kennen, die bereits einige Jahre auf dem Mittelmeer leben und besprechen die Lage mit ihnen.

 

In Riva di Traiano gibt es ausser dem Hafen, einer Bushaltestelle, einigen Einfamilienreihenhäusern, einer Schule, einem coop-Supermarkt nichts - keine Wanderwerge, kein Dorf, kein Kino. So beschliessen wir, gegen Abend die Leinen loszuwerfen und während einer Nachtfahrt nach Elba zu segeln. Bernhard fragt auf italienisch im Golfo die Mola für einen Hafenplatz an und - vorerst - werden wir abgewiesen: "Perche c'è brutto tempo!" Unsere englischen Nachbarn konnten jedoch einen Platz ergattern, so ruft Bernhard erneut an - diesmal in englischer Sprache - und prompt erhalten wir die Zusage.

 

Leinen los und  ab nach Elba!

 

Ebenfalls kurzentschlossen folgen uns die Nachbarn - ihr ursprünglicher Plan war, am nächsten Tag frühmorgens abzulegen - und wir segeln gemeinsam durch die Nacht. (Auf dem Bild links sind Kreuzfahrtschiffe - teilweise so hoch wie grosse Häuser - beim Vorbeifahren im Hafen Civitavecchia zu sehen). Leider haben wir nur wenig Wind und OYA muss die 78,3 sm unter Motor bewältigen. Im Zweistunden-Rhythmus lösen Bernhard und ich uns bei der Wache ab. Gemäss Prognose ist die Nacht sternenklar und zu Beginn steht auch der Mond am Himmel. Da die Wellen ca. 1.5 m hoch sind schaukelt OYA tüchtig, doch wir erleben eine komplikationslose Reise einer abwechslungsreichen Küste entlang.

Was ich an der Nachtfahrt auf dem Meer so besonders mag

 

Die Küsten und Inseln, die vorüberziehen und wie sie sich aus der jeweiligen Perspektive verändern. Ich mag die unterschiedliche Befeuerung der Leuchttürme und Seezeichen - Blitzfeuer, Blinkfeuer, Funkelfeuer - die weiss, grün oder gelb aufleuchten und so den Weg weisen.

 

 

Ich mag es, ab und zu ein anderes Schiff auf Kurs vorbeifahren zu sehen - riesige Frachter, die untereinander via VHF kommunizieren und manchmal sind auch Fischkutter unterwegs, die vergleichsweise rege ihren Kurs ändern.

 

 

 

Besonders liebe ich die Ruhe und die Weite des Meeres, die wechselnden Farben, wenn die Sonne im Meer versinkt und am darauffolgenden Morgen auf der anderen Seite wieder aufgeht und mit ihrem Licht alles verändert. Den Mond, dessen Licht das Wasser weiss glitzern lässt. Ich mag die Kühle der Nacht, die Meeresbrise und sehr den Geruch des Meeres.

 

Das Einstellen und Beobachten der Navigationsgeräte verschafft mir Sicherheit und ich schätze die Verantwortung, die mit der Bordwache verbunden ist.

Sonnenuntergang - Bug voran ist Santo Stefano zu sehen - und Sonnenaufgang bei unserer Fahrt von Riva di Traiano in den Golfo di Mola (Elba).

Unsere Navigationsgeräte in der Nacht von links nach rechts: Tablet mit der Software Navionics, kleiner Bildschirm mit AIS, Radar, unten am Kartentisch VHF (ebenso im Cockpit an der Steuersäule), Anzeige mit dem aktuellen Kurs, Fahrt über Grund in Knoten, Windanzeige (Stärke in Knoten und Richtung).

 

Um 06:10 Uhr kommen wir im Golfo di Mola an. Natürlich ist noch kein Ormeggiatore da und wir lassen deshalb erstmal den Anker fallen. Ich übernehme die Ankerwache und leider hält der Anker nicht wirklich, so dass ich mich nicht ruhig hinlegen und ein wenig schlafen kann, also bereite ich schon mal das Frühstück vor. Schlafen kann ich ja später.

Der Cantiere Golfo di Mola ist in erster Linie eine Werft mit ein paar wenigen Liegeplätzen für Sportboote. Unter der Woche herrscht hier tagsüber reger Werkbetrieb. Am Abend liegt eine grosse Ruhe über der Bucht, in der meist einige Segelschiffe vor Anker liegen. Aktuell bezahlen wir für den Liegeplatz pro Nacht nur 20 Euro.

 

Nun möchte es der Zufall, dass ein weiteres englisches Paar hier im Hafen den angesagten Starkwind abwettern will. Wir kommen alle zusammen ins Gespräch und geniessen einen Apero auf der 'Scarlett'. Für Samstagabend reserviere ich im 'Da Pilade' einen Tisch für sechs Personen und wir verbringen einen gemütlichen, kulinarisch interessanten Abend, angereichert mit diversen lustigen Anekdoten - von denen ich leider nicht ganz alles verstehe -, aber ich liebe den englischen Humor!

Nach einer geruhsamen Nacht beschliessen wir, nach Porto Azzurro zu spazieren, im 'Zero Gradi' ein Eischen zu essen und ein wenig Shoppen zu gehen - zumindest ich shoppe gern ;-)

 

Wie bei uns beiden so üblich, ging es dann folgendermassen weiter: wir dachten: "Oh, wenn wir schon mal hier sind, könnten wir doch noch etwas durchs Dorf spazieren!" Ok - gute Idee! Und: "Wie wäre es, noch ein wenig dort hinauf zu gehen - da hätte man vielleicht eine schöne Aussicht?", "Oh, schau mal dieses schöne Haus! Das müssen wir uns unbedingt ansehen!" Schlussendlich waren wir sieben Stunden unterwegs - haben selbst gemachten Ziegenkäse degustiert, eine Gruppe italienische Biker bewundert, amerikanische GeologiestudentInnen beobachtet und ein Kleid, Postkarten, Mitbringsel und Lebensmittel gekauft. Die Bilder dokumentieren unsere Wanderung auf einen Berg, dessen Name ich nicht kenne. Er erhebt sich gleich hinter Porto Azzurro, beherbergt in der Höhe eine Burgruine und bietet einen wundervollen Ausblick auf Portoferraio.

Gut liegen wir nun hier im Hafen. Da er jedoch bei Starkwind hohen Schwell erwarten lässt, haben wir heute morgen OYA ordentlich festgemacht und soweit vom Steg gelassen, dass wir das Dingi aus der Versenkung holen und fit machen mussten, um an Land zu kommen. Es befindet sich nun zwischen OYA und dem Steg und soll uns, bei Eintreffen des angesagten Starkwindes, als 'Fähre' dienen und ermöglichen, jederzeit auf die andere Seite zu gelangen.

Blick vom Cantiere Golfo di Mola nach Porto Azzurro.

EB