Rom

Es gibt es also wirklich das Kolosseum - und es ist beeindruckend, elegant und schön!

 

Von Ostia aus fuhren wir mit einer preisgünstigen Tageskarte, mit Bus, Zug und Metro in einer Stunde nach Rom, Haltestelle Colosseo. Schon seit einigen Jahren träumte ich davon, Rom zu besichtigen, und jetzt stehe ich da.

 

Bernhard und ich interessieren uns nicht in erster Linie für die Geschichte der Orte, die wir besuchen. Wir erlauben uns, offensichtlich geschichtsträchtige Kunstwerke und Denkmäler, einfach nur anzusehen und sie auf uns wirken zu lassen. Egal aus welchem Grund, haben sich die Menschen damals entschieden, etwas genau so zu bauen, wie sie es getan haben, sie wollten damit eine Wirkung erzielen und die lässt sich meist auch heute noch erspüren.

 

Hier beim Kolosseum ging es vermutlich darum, ein Monument zu errichten, ein Symbol der Macht und des Kampfes - zudem wurde eine Arena erschaffen, auf deren Tribüne viele Zuschauer Platz fanden. Nun, heute darf ich, als kleine einfache Person, in dieses Monument der Macht treten und es auf mich wirken lassen.

 

Die Geschichte wurde von den Siegern geschrieben, als Pazifistin interessiere ich mich eher für diejenigen, die ohne Waffen gelebt haben. Es interessiert mich, womit sie sich - ausser der Nahrungsbeschaffung und Aufzucht ihrer Kinder - beschäftig haben. Diese Menschen haben keine Geschichte geschrieben und keine Monumente hinterlassen. Mich interessiert die Zeit vor der Geschichtsschreibung. Wie haben die Menschen damals gelebt? Ich vermute, dass das Zyklische und Rhythmische im Jahreslauf weitgehend ihr Leben bestimmte. Darüber möchte ich gern mehr erfahren.

 

Nun jedoch kehren wir zurück nach Rom. Hier ist aktuell von der Natur nicht viel zu spüren und zu lernen. Spürbar ist sie vielleicht noch im Kampf des Menschen gegen den Zerfall der Zeit, indem er versucht, die geschichtsträchtigen Monumente zu schützen, um sie zu erhalten.

 

Fontana di Trevi

Die Fontana di Trevi hat es mir besonders angetan, denn sie ist einfach wunderschön! 

Das Wasser fliesst heiter durch die verschiedenen Becken und plätschert sanft über den Marmor. Die menschlichen Figuren scheinen sich spielend zu vergnügen. Der ganze Brunnen ist hell und leuchtet in der Sonne so, als ob aus seinem Innern heraus, ein Licht strahlen würde.

 

Ich freue mich darüber, dass dieser Brunnen so sorgsam über die Zeit erhalten wurde. Offenbar erkannten und erkennen noch heute viele Menschen die Schönheit dieses Ortes und ich fühlte mich geehrt, die Atmosphäre hier erleben zu dürfen.

Das Besondere in Rom ist unter anderem, dass es nicht nur ein Kunstwerk hat, sondern ganz viele. Ich fahre mit dem Bus durch die Stadt und erkenne überall Kuppeln, Türme und Ruinen. Kaum kann ich glauben, was sich hier vor meinen Augen abspielt und komme mir vor, wie in einem grossen Freilichtmuseum.

Bernhard wollte gerne noch zum Petersdom. Ja, wenn man schon mal hier ist - warum nicht. Zuerst nahmen wir uns Zeit und betrachteten die, nicht gerade ernsthaft  wirkende, Schweizergarde, danach stellten wir uns in die Reihe der Wartenden, um in den Petersdom eingelassen zu werden. Der Metalldetektor begann zu piepsen, als ich hindurch gehen wollte. Beim Untersuchen meiner Tasche, fand sich das Taschenmesser, mit dem ich kurz davor noch Käse und Brot geschnitten hatte. Nun hatte ich die Wahl - Taschenmesser oder Petersdom. Ich entschied mich für das Taschenmesser und musste deshalb draussen bleiben.

Beim Warten hatte ich Gelegenheit, die Bettlerinnen, die sich sich beim Ausgang des Peterdoms aufhielten, genauer zu betrachten. Es waren drei Frauen, die eine jung, mit einem kleinen, herzigen Kind auf dem Arm. Mit flehendem Blick drängte die Frau die Menschen dazu, etwas für sie und ihr Kind zu spenden. Die zweite Frau robbte laut jammernd mit einem, in Klebeband eingebundenen Fuss, auf dem Boden herum; die dritte, stumm und völlig in Schwarz gekleidet, bucklig, im 90° Winkel vornübergebeugt und ununterbrochen auf den Füssen wippend, am ganzen Körper zitternd.

 

Die Uhr schlug sechs und ich konnte sehen, wie sich der Zustand dieser Frauen auf wundersame Weise veränderte - die Junge nahm ihr Kind, das vermutlich sediert war, auf den Arm und schritt zügig davon, die zweite hörte auf zu jammern, wickelte ihren eingebundenen Fuss aus und zog ihre, unter dem weiten Kleid mitgeführten Schuhe an, die dritte - bei weitem die eindrucksvollste Erscheinung - hörte auf zu zittern, zog unter ihrem Kleid, das, als Buckel getarnte Kissen, hervor und folgte, aufrecht gehend, den beiden anderen Frauen. Noch nie zuvor hatte ich daran gedacht, dass auch Bettler Arbeitszeiten und einen Feierabend haben.

Schaufenster-Shopping-Tour in Rom

EB